Die Herausforderung des Ferndolmetschens
Als ich meinen Master in Konferenzdolmetschen begann, hätte ich nie gedacht, dass ich die letzten Monate über den Computer von zu Hause aus dolmetschen würde. Das neue Coronavirus Covid-19 ist in unser Leben eingedrungen und hat alles völlig verändert, auch die Welt der Dolmetscher. Wie ich bereits erwähnt habe, schließe ich gerade meinen Master von zu Hause aus ab, und werde morgen die Konferenz meiner Masterthese verdolmetschen, die ich eine Woche lang vorbereitet habe, das Thema: Dolmetschen nach Covid-19. Ich möchte daher gerne das Vorbereitungsmaterial der Konferenz von Frau Dr. Heike Lamberger-Felber nutzen, um ein wenig die Entwicklung eines Ferndolmetschauftrags zu erklären.
1. Das neue Paradigma des Dolmetschens: das Ferndolmetschen
Wenn man an Dolmetscher denkt, denkt man an Menschen, die ständig von einem Land ins andere reisen, um zwischen den Kulturen zu kommunizieren, aber die heutige Realität ist ganz anders, der Dolmetschermarkt wird immer vielfältiger. Wie arbeiten Dolmetscher und Übersetzungsunternehmen, die Dolmetschdienstleistungen anbieten, in einer Zeit, in der Konferenzen virtuell abgehalten werden? Mit remotem Simultandolmetschen.
2. Was ist remotes Simultandolmetschen?
Es handelt sich dabei um eine Art von Simultandolmetschen, wobei die Produktion des Zieltextes (Dolmetschung) an einem anderen Ort erfolgt als die Produktion des Ausgangstextes (Rede), und zwar mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie. Diese Arbeitsweise ermöglicht es, sowohl die Gesundheit und das Wohlergehen der Dolmetscher als auch die öffentliche Gesundheit zu schützen und gleichzeitig weiterhin eine qualitativ hochwertige Dienstleistung anzubieten, die den Berufsethos entspricht und die Sicherheit von Informationen und Daten gewährleistet.
3. Was bei einem remotem Simultandolmetscheinsatz zu beachten ist
Bei remotem Simultandolmetschen müssen sowohl der Redner als auch der Dolmetscher über eine störungsfreie Arbeitsumgebung mit guter Akustik, einer sicheren Verbindung mit guter Ladegeschwindigkeit und Downloadgeschwindigkeit, einem Datenschutz, der unbefugten Zugriff verweigert, und einem technischen Support verfügen, der die Konferenz von Anfang bis Ende verfolgt, um mögliche technische Probleme jederzeit zu lösen.
3.1. Technische Parameter für das Ferndolmetschen
Um einen solchen Auftrag ausführen zu können, muss man sich zunächst über die technischen Parameter im klaren sein, d.h. welche Plattform oder welches System für die Konferenz einsetzen wird. Es gibt heutzutage nämlich mehrere Plattformen, die z.B. ein integriertes System für remotes Simultandolmetschen anbieten: Zoom Meetings, Interprefy, Kudo, Headvox, Interpretcloud, Interactio, Voiceboxer, Webswitcher, ZipDX, WebEX, usw.
Wenn die Plattform, die man für die Konferenz nutzen will, nicht über ein integriertes System für remotes Simultandolmetschen verfügt, wird man mit dieser Plattform leider nicht arbeiten können. Die Plattformen, die über ein integriertes System für remotes Simultandolmetschen verfügen, sind in der Regel kostenpflichtig. Wenn man also nicht über eine solche Plattform verfügt, besteht die Möglichkeit, eine Lizenz dieser Plattform mit oder ohne technischem Support zu mieten. Diese Option ist die preiswerteste und effektivste, wenn man nicht beabsichtigt, Konferenzen abzuhalten, die häufiges Dolmetschen erfordern. Unabhängig davon, für welche Option man sich letztendlich entscheidet, ist es auf jeden Fall ratsam, immer die Unterstützung eines technischen Supports in Anspruch zu nehmen, man weiß schließlich nie was online so alles vorkommen kann.
3.2. Vertragliche Parameter für das Ferndolmetschen
Sobald man sich für eine Plattform entschieden hat, muss man zu den vertraglichen Parametern übergehen. Wie bei allen Dolmetschaufträgen müssen die Arbeitsbedingungen festgelegt und vom Dolmetscher genehmigt werden. Manche Dolmetscher und Übersetzungsunternehmen, legen ihre eigenen Bedingungen fest, die man akzeptieren muss, um einen Vertrag abschließen zu können. Das Wichtigste, auf das es jedoch zu achten gilt, ist die Entschädigungshaftung. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass man sobald man eine Veranstaltung an einem bestimmten Tag mit einem Dolmetscher festlegt, dieser alle Angebote ablehnt, die für diesen Tag erscheinen und die vielleicht von größerem Interesse sein könnten. In diesem Sinne muss man, sollte man die Veranstaltung absagen, den Dolmetscher für den verlorenen Arbeitstag entschädigen. In der Regel ist die zu zahlende Entschädigungssumme höher je später das Event abgesagt wird. Es ist also von Vorteil zu wissen, ob die Veranstaltung wirklich stattfinden wird.
3.3. Zusammentreffen zur technischen Prüfung vor der Verdolmetschung
Sobald die Frage der Plattform, der rechtlichen Bedingungen und der Entschädigungspflicht geklärt ist, muss man jetzt nur noch zusehen, dass die Konferenz reibungslos abläuft. Damit dies gelingt, sollte man ein Zusammentreffen an einem beliebigen Tag vor der eigentlichen Konferenz mit dem Veranstalter, dem Techniker und dem Dolmetscher, in der jeweiligen Plattform planen, um die Ton- und Bildqualität zu testen und somit sicherzustellen, dass am Tag der Konferenz alles ohne Unterbrechungen oder technischen Problemen verläuft. Sollte der Dolmetscher außerdem irgendeine Fragen haben, kann er sie während dieser Probekonferenz stellen.
Sobald die Konferenz zu Ende ist, schickt das Übersetzungsunternehmen das den Auftrag bearbeitet hat, ein Formular zur technischen Prüfung an den Veranstalter und den Techniker, um den korrekten technischen Ablauf der Konferenz zu überprüfen. Zusätzlich wird den Teilnehmern und Dolmetschern noch ein Feedback-Formular geschickt, um den Dolmetscheinsatz auszuwerten. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Anwesenden mit der geleisteten Arbeit zufrieden sind.
4. Einhaltung der ISO-Normen für remotes Simultandolmetschen
Man muss natürlich auch über die ISO-Norm 20108 zur Bild- und Tonqualität sowie über die ISO-Norm 24019-2020 für remote Simultandolmetschplattformen informiert sein und die Datenschutzstandards durch geschlossene, teilweise geschlossene oder Codec-verschlüsselte Systeme einhalten. Alle Teilnehmer der Konferenz sollten auch über die für die Teilnahme an der Konferenz erforderliche Ausrüstung informiert werden.
5. Fazit
Kommunikation ist mehr als ein Bild- und Tonsignal, sie beinhaltet gute Laune und Dynamik, inoffizielle Treffen, Informationsbeschaffung vor Ort und die Aufrechterhaltung des direkten Kundenkontakts. All das gehört nicht mehr zu unserer neuen Normalität, aber wer hat gesagt, dass wir Dolmetscher nicht bereit sind, uns neuen Herausforderungen zu stellen?
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