Wussten Sie, dass es eine Schrift gibt die nur für Frauen bestimmt ist?
In den 80er Jahren wurde in der Provinz Hunan, in China, ein Schreibsystem entdeckt, dass exklusiv für Frauen gedacht war. Heutzutage versuchen Forscher mehr über die Geschichte dieses Alphabets zu erfahren: Handelte es sich um eine geheime Sprache? Wollte man mit dieser Schrift die Männer herausfordern? Wurde man zu der Schrift gezwungen oder ist sie die Tür zur Freiheit?
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Inhaltsverzeichnis
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1. Was weiß man heutzutage über die Nǚshū-Schrift?
Bei der von Sprachwissenschaftler im den 80er Jahren entdeckte Nǚshū-Schrift handelt es sich um ein Schreibsystem das von Frauen und nur für Frauen kreiert wurde. Es entstand zu Beginn des 19. Jahrhunderts als die Bildung noch ein Privileg war, dass ausschließlich Männern zugeteilt wurde und die Frauen dem Gesetz der drei Gehorsamkeiten unterworfen waren: Unterwerfung gegenüber des Vaters, des Ehemannes und des Sohnes.
Dank kürzlichen Forschungen, wissen wir, dass es sich bei der Nǚshū-Schrift um die phonetische Transkription eines Dialektes der Religion von Hunan, des Jiangyong Kreises handelt. Es ist ein Silbensystem von über tausend Symbole in dem jedes Symbol einen Laut des Dialekts darstellt. Auch wenn es nach vielen Symbolen klingt, ist diese Schrift viel einfacher als das Standard-Mandarin-Chinesisch, dass über 56.000 verschiedene Symbole aufweist. Die Kalligraphie der Nǚshū-Schrift ist fein, elegant und gestreckt, wird von kleinen, präzisen Punkten begleitet und von oben nach unten geschrieben. Die meisten Schriften die bis heute überlebt haben, sind auf Fächer gemalt und auf Stoffen bestickt. Cathy Silber berichtet, dass Frauen mit ihren Schriften beerdigt wurden, da diese ihr intimstes Lebens darstellen.
2. Was wurde in der Nǚshū-Schrift geschrieben?
Es wurden bis heute 500 Texte in der Nǚshū-Schrift geborgen. Gedichte und Autobiographien stellen den größten Teil dieser Literatur da. Die Gedichte geben anderen Frauen Ratschläge über die Erziehung ihrer Kinder oder der Haushaltsfürsorge; die Gedichte berichten über das tägliche Leben der Frauen dieser Zeit. Es gibt auch einige Hinweise zu „Schriften des dritten Tages“ oder sanzhaoshu, die von Frauen zu feierlichen Anlässen wie z. B. Hochzeiten verschenkt wurden. Diese beinhalteten Gebete, Wörter zur Trauer und Ratschläge.
Die meisten Schriften sind von Traurigkeit und Demütigung durchdrungen. Sie zeigen auch die Einsamkeit die in der Frauengemeinschaft herrschte, in der Bündnisse zum Ausdruck kamen, die sie durch die Schriften auf ewige Weise verbanden. Deswegen wurden wahrscheinlich auch einige Frauen mit ihren Manuskripten vergraben, um die Verbindung nach dem Tot nicht zu verlieren. Ist gibt jedoch kein Zweifel, das die Nǚshū-Schrift im China des 19. Jahrhunderts eine privilegierte Ausdrucksform und eine Art der Emanzipation darstellte.
3. Ursprung und Verschwinden des Nǚshū
Der Ursprung dieser Schriftart ist bis heute ein Rätsel, Forscher haben viele Theorien aufgestellt um den Ursprung zu erklären. Einer Legende nach wurde diese Schriftart in dem 11. Jahrhundert von der Konkubine eines Kaisers erfunden, um ihre Tragödien der Familie die auf dem Land zurückgeblieben war zu erzählen. Andere sind eine Mischung aus esoterische Erklärungen und wilde Geschichten.
Die Erklärung die am verbreitetsten und bekanntesten ist, ist diejenige die besagt, dass die religiösen Frauen sich ein Alphabet ausgedacht hatten, weil sie damals kein Recht auf Bildung hatten. Diese Schrift wurde von Mutter zu Tochter weitergegeben bis sie langsam verschwand. Ihr coup de grâce war die Chinesische Revolution von 1949. Neue Gesetze was Eheschließung und soziale Reformen angeht gaben den Frauen mehr und mehr Rechte. Später, während der kommunistischen Kulturrevolution, vermehrten sich die „Glaubensakten“, in denen viele Manuskripte, die auf Nǚshū geschrieben waren, zerstört oder verbrannt wurden.
Die letzte Frau, die Nǚshū noch auf traditionelle Weise lernte, starb 2004 und trug viele der Geheimnisse über ein noch nicht vollständig entziffertes Alphabet mit sich. Doch auch wenn Nǚshū noch so eigentümlich und einzigartig sein mag, ist es kein gefährdetes Sprachsystem. Seit dem UNESCO-Abkommen zum Schutz der kulturellen Vielfalt im Jahr 2003, sind die Sprachen Teil des immateriellen kulturellen Erbes der Menschheit. Von den 7.000 Sprachen die auf der Welt gesprochen werden, sind mehr als die Hälfte gefährdet und alle zwei Wochen verschwindet eine dieser Sprachen. Wenn keine Schutzmaßnahmen ergriffen werden, müssten 90 % der Sprachen noch im Laufe dieses Jahrhunderts verschwinden.
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Sie sudierte Hispanische Philologie an der Universität von Toulouse (Frankreich) und einen Master in Übersetzung und kultureller Vermittlung (EN-ES>FR) an der Universität von Salamanca (Spanien). Derzeit arbeitet sie als Projektmanagerin bei AbroadLink.
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