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Umfassender Leitfaden zur Vermarktung eines Medizinprodukts in der Europäischen Union

Veröffentlicht am: 11/10/2024

Die Vermarktung von Medizinprodukten in der Europäischen Union ist ein Prozess, der durch strenge Vorschriften geregelt ist, insbesondere durch die Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (MDR) und die Verordnung (EU) 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (IVDR).

Um Ihnen das Verständnis der Vorschriften zu erleichtern, haben wir einen Leitfaden mit den wichtigsten Schritten für die Vermarktung Ihres Medizinprodukts in der EU gemäß den geltenden Vorschriften zusammengestellt.

1. Klassifizierung von Medizinprodukte

Der erste Schritt bei der Vermarktung eines Medizinprodukts ist die Bestimmung seiner Klassifizierung. In der EU werden Medizinprodukte in vier Klassen (I, IIa, IIb, III) unterteilt, je nach dem Risiko, das mit ihrer Verwendung verbundenen ist.

Wie in Artikel 51 der MDR festgelegt: „Die Produkte werden unter Berücksichtigung ihrer Zweckbestimmung und der damit verbundenen Risiken in die Klassen I, IIa, IIb und III eingestuft.“ Diese Klassifizierung ist entscheidend, da sie die spezifischen regulatorischen Anforderungen festlegt, denen das Produkt unterliegen muss.

2. Einhaltung der rechtlichen Anforderungen

Sobald das Produkt eine Klassifizierung erhalten hat, ist der Hersteller dafür verantwortlich, dass es alle wesentlichen Anforderungen der MDR erfüllt. Dies umfasst das Risikomanagement, die klinische Bewertung, die Leistung und die Sicherheit des Produkts.

Kapitel 1.1 des Anhangs I legt fest: „Die Produkte erzielen die von ihrem Hersteller vorgesehene Leistung und werden so ausgelegt und hergestellt, dass sie sich unter normalen Verwendungsbedingungen für ihre Zweckbestimmung eignen. Sie sind sicher und wirksam und gefährden weder den klinischen Zustand und die Sicherheit der Patienten noch die Sicherheit und die Gesundheit der Anwender oder gegebenenfalls Dritter,...“

3. Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems

Die Hersteller müssen ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) gemäß der Norm ISO 13485 implementieren, das die spezifischen Anforderungen für Medizinprodukte festlegt. Dieses QMS muss alle Aspekte der Produktion, der Qualitätskontrolle und der Verbreitung der Medizinprodukte abdecken.

Artikel 10 (9) der MDR spezifiziert: „Die Hersteller sorgen dafür, dass sie über Verfahren verfügen, die gewährleisten, dass die Anforderungen dieser Verordnung auch bei serienmäßiger Herstellung jederzeit eingehalten werden. Änderungen an der Auslegung des Produkts oder an seinen Merkmalen sowie Änderungen der harmonisierten Normen oder der GS, auf die bei Erklärung der Konformität eines Produkts verwiesen wird, werden zeitgerecht angemessen berücksichtigt. Die Hersteller von Produkten, bei denen es sich nicht um Prüfprodukte handelt, müssen ein Qualitätsmanagementsystem einrichten, dokumentieren, anwenden, aufrechterhalten, ständig aktualisieren und kontinuierlich verbessern, das die Einhaltung dieser Verordnung auf die wirksamste Weise sowie einer der Risikoklasse und der Art des Produkts angemessenen Weise gewährleistet.“

4. Klinische Bewertung

Die klinische Bewertung ist ein entscheidender Schritt, um die Sicherheit und Wirksamkeit eines Medizinprodukts nachzuweisen. Für Produkte unterschiedlicher Klassen kann eine klinische Studie erforderlich sein, um zu bestätigen, dass sie die regulatorischen Anforderungen in Bezug auf Sicherheit und Leistung erfüllen.

„Die Bestätigung der Erfüllung der einschlägigen grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gemäß Anhang I bei normalem bestimmungsgemäßer Verwendung des Produkts sowie die Beurteilung unerwünschter Nebenwirkungen und der Vertretbarkeit des Nutzen-Risiko-Verhältnisses gemäß Anhang I Abschnitte 1 und 8 erfolgen auf der Grundlage klinischer Daten, die einen ausreichenden klinischen Nachweis bieten, gegebenenfalls einschließlich einschlägiger Daten gemäß Anhang III.“

5. Erhalt der CE-Kennzeichnung

Die CE-Kennzeichnung ist für die Vermarktung von Medizinprodukten in der EU obligatorisch. Diese Kennzeichnung bestätigt, dass das Produkt die von den europäischen Vorschriften definierten Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllt. Bevor die CE-Kennzeichnung auf Produkten der Klassen IIa, IIb und III angebracht werden darf, ist eine Bewertung durch eine Benannte Stelle notwendig.

Der Hersteller ist verpflichtet, die technische Dokumentation des Produkts der Benannten Stelle zur Bewertung vorzulegen. Sobald die CE-Kennzeichnung erhalten wurde, kann das Produkt vermarktet werden.

Diese Informationen finden wir in Artikel 20 der MDR: „Mit Ausnahme von Sonderanfertigungen oder Prüfprodukten tragen alle Produkte, die als den Anforderungen dieser Verordnung entsprechend betrachtet werden, die CE-Konformitätskennzeichnung gemäß Anhang V.“ 

Anhang IX, Kapitel II, Abschnitt 5.1 der MDR spezifiziert: „Bei Produkten der Klasse III und bei in Anhang VIII Abschnitt 6.4 (Regel 12) genannten aktiven Produkten der Klasse IIb, die dazu bestimmt sind, ein Arzneimittel an den Körper abzugeben und/oder aus dem Körper zu entfernen, erstellt die Benannte Stelle — nachdem sie die Qualität der klinischen Daten, auf denen der klinische Bewertungsbericht des Herstellers gemäß Artikel 61 Absatz 12 beruht, geprüft hat — einen Bericht über die Begutachtung der klinischen Bewertung, in dem sie ihre Schlussfolgerungen zu dem vom Hersteller vorgelegten klinischen Nachweis, insbesondere zur Nutzen-Risiko-Abwägung, zur Kohärenz dieses Nachweises mit der Zweckbestimmung, einschließlich der medizinischen Indikation oder Indikationen, und zu dem in Artikel 10 Absatz 3 und Anhang XIV Teil B genannten Plan für die klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen darlegt.“

6. Konformitätserklärung

Nach Erhalt der CE-Kennzeichnung muss der Hersteller eine Konformitätserklärung verfassen, die bestätigt, dass das Produkt alle anwendbaren regulatorischen Anforderungen in der EU erfüllt und einhält.

Artikel 19 der MDR legt fest: „Die EU-Konformitätserklärung besagt, dass die in dieser Verordnung genannten Anforderungen hinsichtlich des betreffenden Produkts erfüllt wurden.“ Der Hersteller sorgt für eine kontinuierliche Aktualisierung der EU-Konformitätserklärung.

7. Produktregistrierung in der EUDAMED-Datenbank

Bevor das Produkt in der EU vermarktet wird, muss es in der europäischen Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED) registriert werden. Diese Anmeldung ist obligatorisch und gewährleistet die Rückverfolgbarkeit der Produkte auf dem europäischen Markt.

Artikel 29 der MDR legt fest, dass: „Bevor ein Produkt, bei dem es sich nicht um eine Sonderanfertigung handelt, in Verkehr gebracht wird, gibt der Hersteller die in Anhang VI Teil A Abschnitt 2 — mit Ausnahme von Abschnitt 2.2 — genannten Angaben in Eudamed ein oder prüft diese, wenn sie bereits eingegeben sind, nach; danach hält er diese Informationen auf dem neuesten Stand.“

8. Post-Market Surveillance

Sobald das Produkt auf dem Markt ist, muss ein System zur kontinuierlichen Bewertung der Sicherheit und Leistung des Produkts aufrechterhalten werden. Dieser Schritt ermöglicht es, schnell auf Probleme zu reagieren und diese zu verwalten, die nach der Vermarktung auftreten können.

In Artikel 83 der MDR heißt es: „Für jedes Produkt müssen die Hersteller in einer Weise, die der Risikoklasse und der Art des Produkts angemessen ist, ein System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen planen, einrichten, dokumentieren, anwenden, instand halten und auf den neuesten Stand bringen. Dieses System ist integraler Bestandteil des Qualitätsmanagementsystems des Herstellers gemäß Artikel 10 Absatz 9.“ 

9. Benennung eines autorisierten Vertreters (für Hersteller außerhalb der EU)

Hersteller außerhalb der Europäischen Union müssen einen europäischen autorisierten Vertreter (EC-REP) benennen. Dieser Vertreter fungiert als Vermittler zwischen den europäischen Regulierungsbehörden und dem Hersteller. Seine Rolle ist entscheidend, da er sicherstellt, dass alle regulatorischen Anforderungen erfüllt werden und die erforderlichen Dokumente jederzeit verfügbar sind.

  • Besonderer Fall beim Vereinigten Königreichs und bei der Schweiz: Seit dem Brexit und aufgrund spezifischer bilateraler Abkommen müssen auch britische und schweizerische Hersteller einen in der EU ansässigen autorisierten Vertreter benennen, da sie nicht mehr von der automatischen Anerkennung ihrer lokalen Vertreter profitieren.

10. Bedeutung der Fachübersetzungen

Bei der Vermarktung eines Medizinprodukts in der EU ist es entscheidend sicherzustellen, dass alle Dokumentationen, einschließlich Gebrauchsanweisungen, Etikettierungen und technischer Unterlagen, in die Amtssprachen der Mitgliedstaaten übersetzt werden, in denen das Produkt vertrieben wird.

Wie in Artikel 10 (11) der MDR festgelegt: „Die Hersteller sorgen dafür, dass dem Produkt die Informationen gemäß Anhang I Abschnitt 23 in einer oder mehreren von dem Mitgliedstaat, in dem das Produkt dem Anwender oder Patienten zur Verfügung gestellt wird, festgelegten Amtssprache(n) der Union beiliegen. Die Angaben auf der Kennzeichnung müssen unauslöschlich, gut lesbar und für den vorgesehenen Anwender oder Patienten klar verständlich sein.“ 

Es ist entscheidend, auf eine spezialisierte Übersetzungsagentur zu vertrauen, um die Genauigkeit und Konformität der Dokumente mit all diesen Anforderungen zu gewährleisten. Eine fehlerhafte oder ungenaue Übersetzung kann zu Missverständnissen, regulatorischen Verstößen und sogar zu rechtlichen Sanktionen führen. Übersetzungsagenturen, die mit spezialisierten Fachübersetzern aus den Bereichen Medizin, Pharmazie, Zahnmedizin oder Medizinprodukte arbeiten, vereinen sprachliche Fähigkeiten mit technischem Wissen, um anspruchsvolle und sensible Dokumente exakt zu übersetzen.

Fazit

Die Vermarktung eines Medizinprodukts in der Europäischen Union ist ein komplexer Prozess, der in jeder Phase besondere Aufmerksamkeit erfordert, um die Konformität mit der MDR zu gewährleisten. Indem Sie die in diesem Artikel beschriebenen Schritte befolgen und alle regulatorischen Anforderungen erfüllt werden, können Hersteller die Sicherheit der Patienten und eine effektive Vermarktung sicherstellen. Die Zusammenarbeit mit Experten für spezialisierte Vorschriften und für Übersetzungsprozesse von Medizinprodukten kann Ihre Erfolgschancen auf dem europäischen Markt maximieren.

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Virginia Pacheco

Blog-Schriftstellerin und Community Managerin mit besonderem Interesse für Multikulturalität und sprachlicher Vielfalt. Sie kommt ursprünglich aus Venezuela, reiste und lebte jedoch ständig an anderen Orten, wie Frankreich, Deutschland, Kamerun und Spanien, wo sie ihre interkulturellen Erfahrungen auf das Papier brachte.

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